Unauffälliger kann eine Motorrad Airbag Weste kaum sein. Die Held eVest kann unter jeder beliebigen Motorradjacke getragen werden und funktioniert ohne Reißleine. Ich habe die Held eVest getestet.
Testergebnis in Kürze
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Welche Körperteile schützt die Held eVest?
Der Airbag der eVest schützt den Rücken, das Steißbein, die Brust und den Nacken. Durch den aufgeblasenen Airbag am Nacken und den Schultern wird der Kopf im Falle eines Unfalls stabilisiert. Der integriert Rückenprotektor bietet zusätzlichen Schutz für den Rücken.
Taschen an der vorderen Innenseite der eVest ermöglichen es, Rippenprotektoren nachzurüsten. Darüber befindet sich die Möglichkeit, den Held Brustprotektor nachzurüsten. Sowohl Rippen- als auch Brustprotektoren sind nicht im Lieferumfang enthalten.
Weil ich bisher noch nicht testen musste, wie gut die eVest auslöst, zeige ich euch hier das Produktvideo von Held. So sieht es aus, wenn die Held eVest aufgeblasen wird:
in&motion | Das Gehirn des Airbags
Auf den ersten Blick wirkt die Held eVest mit seinen 350€ UVP (ich habe mit Rabattcode 320€ bezahlt) wie ein Schnäppchen. Und wie manche enttäuschte Internet-Bewertungen in Online Shops zeigen, glauben einige, dass man damit eine funktionsfähige Airbag Weste bekommt. Doch dem ist nicht so. Held und der französische Anbieter in&motion arbeiten hier zusammen.
Held liefert die Weste inklusive Airbag und Rückenprotektor, in&motion liefert die Technik in Form einer kleinen Box. Diese Box ist im Lieferumfang der Weste zwar enthalten, funktioniert aber ab der Aktivierung nur 48 Stunden. Anschließend muss man die Box entweder kaufen oder mieten.
In der Box stecken Sensoren und ein Algorithmus, der ständig die Beschleunigung und Position des Fahrers oder der Fahrerin überprüft. 1000 mal pro Sekunde wird so überprüft, ob eine Unfallsituation vorliegt. Im Falle eines Unfalls, löst der Airbag innerhalb von 60 Millisekunden aus.
in&motion Box kaufen oder mieten?
Egal ob man die Box kauft oder mietet, bei beiden Varianten erhält man laufend Updates von in&motion. Die Kaufbox kostet 399€ inklusive 2 Jahre lang Updates. Die Mietvariante kostet 120€ im Jahr oder 12€ im Monat. Wer die Box 3 Jahre lang gemietet hat, kann für eine Einmalzahlung von 99€ die Box kaufen.
Manche mögen dieses Abomodell, andere kritisieren es für zu kompliziert. Wer sein Motorrad im Winter abmeldet, kann hier aber Geld sparen. Ich selber finde das Preismodell von in&motion gut. Wer Dinge lieber kauft statt mietet, hat dazu weiterhin die Möglichkeit. Wer jedoch nicht dazu bereit ist, die hohen Preise von Motorradwesten auf einen Schlag zu bezahlen, kriegt hier eine niedrigere Einstiegshürde. Mir half dies bei der Kaufentscheidung. Ich habe mich für die 120€ im Jahr Variante entschieden. Für 10€ im Monat habe ich schon deutlich dümmere Sachen gekauft.
Zum Vergleich: Eine der beliebtesten Motorrad Airbag Westen, die Helite Turtle 2 mit Reißleine, kostet 550€. Die Variante mit Sensoren, Helite e-Turtle, kostet 689€. Für meine Held eVest zahle ich letztendlich 320€ für die Weste + 360€ für die Miete über 3 Jahre und anschließend 99€ für die Übernahme der Box. Macht 780€.
Hier noch eine Kostenübersicht der in&motion Box:
Extra Kosten für Rennstrecken und Gelände
Wer die Held eVest auf Rennstrecken oder im Gelände benutzen will, muss extra zahlen. Pro Modus entweder 25€ im Jahr oder 8€ im Monat. Für mich eine eher unnötige Verkomplizierung des Preismodells.
Wie lange hält der Akku?
Eine Akkuladung hält laut Held und in&motion etwa 25 Stunden durch. Ich lade die Weste meist nach jeder längeren Fahrt und habe sie daher noch nie an ihre Akku-Grenze gebracht. Vor einigen Tagen war ich z.B. 5 Stunden mit meiner BMW F650GS Dakar und der Weste unterwegs. Während dieser Zeit war die eVest durchgehend aktiviert. Am Ende der Tour lag der Akkustand bei 81%. Demnächst scheint die Herstellerangabe zu stimmen.
Zum Aufladen muss die in&motion Box aus der Weste entfernt werden. Durch die extrem schwergängige Entriegelung ist das etwas fummelig. Ich hätte es nett gefunden, wenn man die Weste auch mit eingelegter Box laden könnte.
Es gibt 2 Arten die Box ein- und auszuschalten. Entweder mit einem Schalter an der Seite der Box. Diese Möglichkeit ist nur zugänglich, wenn die Box nicht im Rückenprotektor sitzt. Alternativ kann man doppelt auf den durchsichtigen Knopf in der Mitte der LED Anzeige klicken, um die Box ein- und auszuschalten.
Ich habe in&motion gefragt, wann man welchen Aus-Schalter benutzen soll. Antwort: Die Box grundsätzlich immer zunächst über den Knopf auf der Rückseite ausschalten. Wenn man die Weste über einen längeren Zeitraum (mehrere Tage) nicht benutzen möchte, sollte man sie zusätzlich über den Aus-Schalter an der Seite deaktivieren.
Wenn man die Weste nicht trägt, entlädt sie sich langsam. Wer wochenlang nicht fährt, muss das vor der nächsten Fahrt beachten. Ich habe mal geguckt, wie sehr der Akku in 8 Tagen Nichtgebrauch sinkt. Bei meiner Box waren das 8%, von 80% auf 72%.
Im folgenden Bild sieht man den sehr schwergängigen Schalter, den man hochschieben muss, um die Box entnehmen zu können.
in&motion App
Mit der in&motion App für iOS und Android kann man seine in&motion Box registrieren, die neuesten Updates installieren, den Akkustand überprüfen, den Fahrmodus (Straße, Rennstrecke, Offroad) auswählen, den aktuellen Status der Weste überprüfen und neue Kartuschen aktivieren.
Die App ist sehr übersichtlich und lässt sich problemlos bedienen. Für mich ist die App unverzichtbar, weil der Status der in&motion Box sonst nur abgelesen werden kann, wenn man die Weste auszieht. Damit man nicht immer seine Mitfahrer bitten muss, die Status-LEDs am Rückenprotektor zu checken, sollte sich jeder die App installieren.
Verbesserungswürdig sind höchstens die Übersetzungen in der App: „Einsatz innerhalb eines zugelassenen geschlossenen Stromkreises“.
Wie trägt sich die Held eVest?
Es gibt die eVest in 2 Varianten. Die Held eVest Clip-in wird mit kompatiblen Held Motorradjacken verbunden. Wer so wie ich keine Held Jacke hat, greift zur autarken Held eVest (ohne „Clip-in“). Diese kann unter jeder Motorradjacke getragen werden.
Durch den leichten Stretch und den Netzstoff trägt sich die Weste sehr angenehm. Wer es es gewohnt ist, mit einem Rückenprotektor zu fahren, wird die Weste wahrscheinlich kaum wahrnehmen. Die 1,7 kg Gewicht empfand ich als leicht genug, um nicht störend aufzufallen.
Im Gegensatz zur Helite Turtle Airbag Weste, trägt man die Held eVest unter der Motorradjacke. Ich trage unter der Weste ein T-Shirt oder Longsleeve und über der Weste mein Motorradjacke bzw. Motorradhemd.
Held gibt an, dass zwischen Weste und Motorradjacke eine Faust breit Platz sein muss, damit der Airbag genügend Platz hat. 2 meiner 3 Motorradjacken boten hier genügend Platz. Mein Revit Tracer Hemd war jedoch zu eng geschnitten, um mit der Weste kompatibel zu sein. Und weil ich mir vorgenommen habe, wenn möglich keine Fahrt ohne die Weste zu machen, habe ich das Revit Tracer Hemd verkauft.
Ich habe die Weste bisher bei Temperaturen zwischen 10 bis 23 Grad getestet. Temperaturmäßig war bisher alles bestens. Bei 23 Grad war es durch den luftigen Stoff nicht zu warm. Wie es im kommenden Sommer bei höheren Temperaturen aussieht, muss ich erst noch rausfinden.
Verschlossen wird die Weste per Reißverschluss und Druckknopf am Kragen.
Funktionsstatus überprüfen | App vs. LEDs
Ob die Weste ordnungsgemäß funktioniert, kann man entweder in der App sehen oder an den LEDs auf der Oberseite der Box. Folgende LEDs gibt es:
– Inflator oben links zeigt an, ob die Box richtig eingelegt ist. Wenn die Box richtig eingelegt und aktiv ist, leuchtet die LED grün. Ist die Box noch nicht richtig eingelegt, leuchtet die LED rot.
– GPS unten links zeigt an, ob das GPS der Box aktiv ist. Sobald man mit der aktivierten Weste das Haus verlässt, verbindet sich das GPS. Wenn GPS aktiv ist, leuchtet die LED grün, ansonsten leuchtet sie gar nicht.
– Batterie zeigt grob den Ladezustand an. Genauere Zahlen liefert die App. Grün heißt 100% Ladezustand, LED aus heißt zwischen 30 und 99% Ladezustand, rot heißt unter 30% Ladezustand (etwa 5 Stunden Nutzung), rot blinkend heißt unter 5% Ladezustand.
Wenn man seine Weste unter den Motorradklamotten trägt und nur mal eben den Status überprüfen will, greift man am besten zur App.
Wie schneidet die Held eVest im ADAC Test ab?
Persönliche Crash-Erfahrungen hatte ich mit meiner Held eVest bisher zum Glück nicht. Mitte 2020 hat jedoch der ADAC die Held eVest, die Alpinestars Tech-Air Street e-System und die Dainese D-Air Street KT600 einem Crashtest unterzogen. Kurz gesagt: Alle 3 Airbag Westen haben gut abgeschnitten. ADAC hat die Dummies mit 50 km/h seitlich in ein Auto fahren lassen. In den Kategorien erwartetes Schutzpotential, Gewicht/Tragekomfort und Handhabung schnitt die Held eVest mit „gut“ ab. In der Kategorie Wartung/Connectivity mit „sehr gut“. Genaueres könnt ihr auf der ADAC-Website nachlesen.
Kann man die Held eVest nach dem Aufblasen wiederverwenden?
Ja, sollte der Airbag auslösen, kann man die Kartusche anschließend selbstständig auswechseln. Eine Austauschkartusche kostet aktuell um die 90€. Andere Hersteller verlangen teilweise, dass die Weste nach dem Auslösen eingeschickt wird. Dadurch entstehen höhere Kosten und mehr Aufwand. Held geht hier aber den gleichen Weg wie Helite und ermöglicht den eigenständigen Austausch. Bei Helite ist dies mit 22€ übrigens noch mal deutlich günstiger als bei Held.
Die Gaskartusche befindet sich unter dem Rückenprotektor und ist per Kabel mit der in&motion Box verbunden. Um an die Kartusche zu kommen, braucht man nur den Reißverschluss an der Seite des Rückenprotektors öffnen.
Fazit
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Motorrad Westen haben den Punkt erreicht, an dem ich sie jedem Fahrer und jeder Fahrerin empfehlen würde. Wer den weiterhin sehr hohen Preis stemmen kann, kriegt mit der Held eVest ein sehr angenehm zu tragendes, alltagstaugliches Produkt, welches einen großen Sicherheitsgewinn bringt.
Das Preismodell von in&motion mag nicht jedem gefallen. Ich habe damit keine Probleme. Durch das Abomodell kann man die Kosten auf mehrere Jahre strecken, statt auf einen Schlag über 700€ hinzublättern. Wer keine Lust auf mieten hat, kann die Box auch direkt kaufen. So ist für alle gesorgt.
Jetzt heißt es nur noch Disziplin zeigen, die in&motion Box immer schön aufladen und die Airbag Weste bei jeder Fahrt brav anziehen.
6 Antworten zu “Held eVest im Test | Die Motorrad Airbag Weste für drunter”
Hallo Benjamin, vielen Dank für den ausführlichen Bericht.Ich besitze z.Zt. noch eine techair 5 West von alpinestars. Diese Weste wird über Magnete verschlossen und aktiviert. Für mich als Träger eines Herzschrittmachers sind Magnete zu meiden. Deshalb suche ich nach einer Alternative ohne
Magnetverschluß In Internettutorials sieht es so aus, dass die Heldweste mit magnetfreiem Reissverschluß ausgestattet ist?
Über eine kurze Info wäre ich sehr dankbar.
Freundliche Grüße Michael
Die Held eVest wird über einen Reißverschluss und eine Kombination aus Druckknopf und Klettverschluss am Hals verschlossen. Einen Magnet konnte ich nicht finden. Aber da würde ich lieber nochmal bei Held direkt anfragen, um auf Nummer sicher zu gehen.
Hi und vielen Dank für das super Review! Jetzt nach einiger Zeit in der du die Weste trägst würde mich ein Update deiner Erfahrung interessieren, v.a. wie es bei warmen Temperaturen 30 Grad und aufwärts mit der Weste ist. Danke und Gruß! Philipp
Ich trage die Weste weiterhin auf jeder einzelnen Fahrt und bin immer noch sehr zufrieden. Ich trage meist T-Shirt, Weste und meine Knox Urbane Pro MK2 an warmen Tagen. Wenn man erstmal genug Fahrtwind bekommt, ist die Kombination luftig genug. Aber sich am Freitagnachmittag an einem heißen Sommertag durch den Stadtverkehr aus Hamburg raus zu kämpfen, ist trotz luftiger Knox Meshjacke schweißtreibend. Dafür sind es dann doch zu viele Schichten.
Hallo Ben,
ich trage ne Stadler Jacke mit Rückenprotektor. Muss ich diesen entfernen, wenn ich die Weste drunter anziehe?
Grüße
Daniel
Ja, die Weste hat einen Rückenprotektor integriert. Deswegen habe ich den Rückenprotektor meiner Knox Jacke entfernt, wenn ich mit der Airbagweste unterwegs bin.